Maike

Es gibt Tage, die sind kunterbunt, manchmal mit Glitzer, andere sind grau oder schwarz. Doch solange nach schwarzen Tagen auch wieder graue und kunterbunte Tage kommen, ist es ok. Man muss die Trauer zulassen.

Ich bin mal gefragt worden, was ich machen würde, wenn man mir anbietet, meine Schwester für einen Tag nochmal zu sehen. Ich bin ehrlich: ich weiß es nicht!

Ein Teil von mir sagt sofort JA. Ich würde sie drücken, in den Arm nehmen, ihr so viel erzählen. Doch es wird ja irgendwann der Punkt kommen, wo sie wieder gehen müsste. Und ich wäre dann wieder am Anfang. Wieder würde ich die Tage zählen. Der Schmerz wäre wieder so schlimm, die schwarzen Tage würden überwiegen. Ich habe so hart gekämpft, dass es wieder kunterbunt ist in meinem Leben. Was nicht heißt, dass ich meine Schwester nicht vermisse. Ich vermisse sie unendlich. Jeden verdammten Tag. Das wird auch nicht vergehen. Es ist mal mehr und mal weniger, aber nie weg.

Gerade jetzt fehlt sie mir unendlich. Ich darf noch einmal heiraten. Ich freue mich drauf. Aber gleichzeitig ist meine Seelenverwandte, die sicher auch meine Treuzeugin wäre, eben nicht da. Sie kann mich nicht beraten, sich nicht mitfreuen. Nicht mitfiebern. Aber sie wird mich begleiten. Genau wie Lothar. Wer genau hin sieht, wird die Beiden an den zwei Tagen finden.

Ich habe noch viel vor, und bei allem wird Maike mich ein Stück weit begleiten. Sie wohnt in meinem Herzen.

Für immer.

Ich werde jetzt noch den Text veröffentlichen, den ich bei der Trauerfeier vorgetragen habe. Mein Dank geht besonders an unserer Trauerrednerin Marlies, die mich ermutigt hat, es selbst vorzutragen.

Meine Schwester Maike

Wie beschreibt man einen Menschen, der einen begleitet hat, solang man denken kann?

Als Kinder konnten wir uns die Köpfe einschlagen. Wir haben uns viel, oft und laut gestritten. „Vertragt Euch doch mal…“ Wie oft haben wir das gehört. Wir konnten aber auch eine Einheit sein. Wenn es gegen die Eltern ging, wenn wir was bei Ihnen erreichen wollten. Dann waren wir auf einmal ein Herz und eine Seele. Geschwister eben. Mit allem Drum und Dran. Oder auch auf Familienfeiern. Es gibt Bilder von uns, da tanzen wir zusammen. Schöne Erinnerungen. Eigentlich war sie gar nicht so schlimm, wie ich manchmal dachte.

Als wir größer waren, hörten die Streitereien auf. Stattdessen haben wir lockeren Kontakt gepflegt, immer in dem Wissen, der andere ist im Notfall da.

Sie konnte einem direkt sagen, was sie denkt. Verletzend manchmal. Aber im Grunde die beste Eigenschaft, die ein Mensch haben kann. Auch wenn wir mal nicht einer Meinung waren, so konnte man sich nach kurzer Zeit wieder ganz normal mit Ihr unterhalten. Geschwister eben.

Was haben wir die Immenhof-Filme geliebt. Und Musicals. Phantom der Oper, West Side Story, Dirty Dancing, Hair und Cats, das sind die, die mir gerade so einfallen.

Ich kann mich erinnern, dass Maike es sogar geschafft hat, mich zum Lesen zu bewegen. Sie selber hat Bücher verschlungen. Sie hatte Karten für den ersten Harry Potter Film. Und ich bin mit Ihr ins Kino gegangen. Hinterher habe ich mir die Bücher besorgt und sie gelesen. Und das, obwohl ich nicht so gerne lese.

Als Maike krank wurde, haben wir im Krankenhaus beschlossen, dass wir den Kontakt genauso beibehalten. Normalität in all dem Chaos, was die Krankheit ausgelöst hatte. Aber immer da, wenn sie mich brauchte.

Und genauso haben wir das in den letzten 2 Jahren beibehalten. Wir haben gelacht und vieles genossen, aber auch geweint, wenn es ihr mal nicht so gut ging.

Trotz Ihrer Krankheiten hat sie sich nicht unterkriegen lassen. Machte sich Gedanken, wie sie Ihren Radius erweitern konnte. Mal raus in den Garten? Kein Problem, wir verlängern einfach die Luftschläuche und nehmen so normal wie möglich an allen Feiern teil, die so stattfinden. Mit Sauerstoff geht alles.

Wir waren im Kino, im Theater (Cats, das hatte sie noch nicht gesehen.) Alles, was Spaß macht eben.

Einmal fiel Ihr die Decke auf den Kopf. Sie rief an und fragte, ob ich Zeit habe. Als ich bei Ihr ankam, saß sie schon unten am Treppenabsatz auf ihrem Stuhl und wartete. Wir sind mit dem Auto nach WHV gefahren. „So schnell Du kannst.“ Bei ca. 180 km/h machte sie das Fenster auf und juchzte…Geschwindigkeit und Leben fühlen…

Wenn ich jetzt gefragt werde, wer für mich eine starke Person ist, sage ich ohne Umschweife: meine Schwester.

Sie hat nicht kampflos aufgegeben. Wenn wir Angst hatten vor Schwierigkeiten, hat sie uns, und das in Ihrer Situation, die Angst genommen. Sie hat die kleine Chance gesehen und hat an Ihr fest gehalten. Hat gekämpft bis zum Schluss…

Mein geliebtes Lästerschweinchen, ich bin so stolz, Deine große Schwester zu sein… Jetzt mach’s gut, ich werd Dich vermissen…  

nun wäre heute Dein Ehrentag gewesen. 46 Jahre. Wir hätten,  wie jedes Jahr,  zusammen gesessen. Geredet, gefeiert und viel gelacht. Heute haben wir zusammen gesessen und viel über Dich geredet. Es ist anders geworden. An manchen Tagen schmerzhaft. An anderen Tagen weniger. Aber weg ist das nie. Dieses Gefühl, dass Du so unendlich in unserer Mitte fehlst.

Ich weiß noch, als die Diagnose kam und es hieß, dass Du nicht mehr so lange Zeit auf dieser Welt hast. Was hatte ich für eine Angst. Aber wenn ich bedenke, was Du gemacht hast? Nicht aufgegeben, gekämpft. Und hast aus wenigen Monaten gute zwei Jahre gemacht. Wow. Geschenkte Zeit. Und natürlich kam der Gedanke auf, dass ich mehr hätte mit Dir machen können oder öfter anrufen. Aber ich kann die Zeit nicht zurück drehen und somit habe ich es für mich als geschenkte Zeit angenommen, und keiner kann mir die Erinnerungen an und aus dieser Zeit mit Dir nehmen. Und im Grunde bist Du zwar nicht mehr auf dieser Welt, nein, Du bist nur vorgegangen in einen anderen Raum und wartest dort auf uns.

Und es werden immer wieder Ereignisse kommen, an denen wir fest stellen, wie sehr Du fehlst, aber ich kann Dir sagen, dass Du niemals vergessen sein wirst. Du lebst in meinem Herzen und da hast Du für immer Deinen Platz.

Mach`s gut und bis zum nächsten Mal mein Lästerschweinchen

 Dein Schwesterherz

Wenn ich an meine geliebte Frau und an besonders an den Menschen Maike denke bekomme ich immer wieder ein Lächeln auf meine LIppen, allerdings jetzt nach einem Jahr ohen Dich weine ich immer wieder.

Doch über die Kunst und die Kreativität ob es Malen oder Basteln bin ich immer noch mit Dir verbunden und kann entspannen. Dabei denke ich an deine tollen Einfälle oder wie wir stundenlang Karten oder Geschenke vorbereitet haben. 

Aber eins ist unbestritten... Du bist und bleibst einzigartig und doch so voller Widersprüche. In dem einem Moment voller Leidenschaft und Hingabe für eine Sache und auf der anderen Seite auf einmal todmüde und einfach nur Du selbst. Wer Dich als Freund an seiner Seite hatte konnte sich jederzeit auf Dich verlassen. 

Familie Freunde und das Leben ..Du bist einfach Du gewesen und das hat mich zu dem Menschen gemacht der ich jetzt bin. Du hast an mich geglaubt, mich geliebt und für uns jederzeit gekämpft.

Immer wieder höre ich ein Lied von Unheilig 'Zeitreise'

Verblasste Bilder ziehen vorüber. 
Im Flimmerlicht und Wimpernschlag. Ich dreh die Zeit zrück auf Anfang als die Welt noch ganz neu war.

Ich die Stimmen und Gedanken und sehe vergangenes wieder klar. 

Um zu verstehen was heute ist schau ich auf das was war...

Zeitreise durch die Jahre..Zurück zu dem, was einmal war.

Zeitreise durch das Leben und ich blick zurück auf Jahr und Tag....

Dieser Song trifft es immer wieder auf den Punkt!!!

Ich bin dankbar für die unglaubliche Zeit mit Dir und was wir zusammen erleben konnten und durften. Viele Menschen haben uns dabei begleitet und uns mit tollen Erlebnissen und Momenten zum Lachen und mehr gebracht.

Am Ende steht nicht nur dein Name liebe Maike, am Ende steht das Du das warst was du bist. Eine Kämpferin und vom Sternzeichen Löwe. Das sagt alles!!! 

Also mische da oben den Himmel auf und lass es krachen...

Ich liebe Dich!!! Dein Ecki

Ein Jahr ist es jetzt her, dass der Anruf von Ecki kam… „Komm zum Krankenhaus….*Klick*“

Ich wusste sofort, dass etwas passiert ist. Kurz vorher wurde mir warm und ich hatte eine wohlige Wärme… Ich saß in der Schule, packte meine Sachen ein und fuhr ins Krankenhaus. Nicht schnell, wie noch eine Woche zuvor. Sondern ungewöhnlich ruhig. Komisch irgendwie.

'Ich hab gewartet und gehofft
Dass der Moment vielleicht niemals kommt
Dass er einfach vorübergeht
Oder vielleicht niemals geschieht.'

(Unheilig - An Deiner Seite)

Leider ist der Moment doch gekommen. Ich war traurig, wütend, aber ich bin auch dankbar für die Zeit, die wir noch hatten.

Mir fällt ein Text von Silbermond ein:

'Und es war viel zu zeitig, es war viel zu zeitig
Und ich hab noch zu dir gesagt
Wie immer: bis zum nächsten Mal
Und es war viel zu zeitig, es war viel zu zeitig
Ich hör' sie sagen: Jetzt hast du's geschafft
Bist jetzt an einem besseren Platz
Meine Ohren verstehen das, doch das Herz sagt es fehlt was

Mit jedem Tag der vergeht lebst du weiter
In meiner Erinnerung
Hab all' die Bilder mit dir gespeichert
In meiner Erinnerung
Alles endlich, alles verglüht
Geht so schnell, eh du dich versiehst
Ich hab dich hier, ich trag dich bei mir
In meiner Erinnerung'

(Silbermond - In meiner Erinnerung)

Die Erinnerung kann uns keiner nehmen. Und wenn ich bedenke, dass Du nach Hause geschickt worden bist mit den Worten: 'Sie haben nur noch ein paar Monate...' ...Hey, Du hast noch 2 Jahre draus gemacht. In denen wir noch viel Zeit mit Dir verbringen konnten. Kino, Theater, basteln, ach und viele Dinge mehr...

 Ich bin soooo stolz, was Du aus den letzten Jahren gemacht hast. Dass Du Dich nicht hast unterkriegen lassen. Und dass ich Deine große Schwester sein durfte. Mit vielen tollen Gesprächen. Danke. Und genau so behalte ich Dich in Erinnerung:

'Wohin sind die Jahre und die Tage des Glücks?
Sie flogen vorbei, ich halt' dich fest, und schau' zurück
Gedanken ziehen an mir vorbei, ich bin stolz auf unsere Zeit

So wie du warst, bleibst du hier
So wie du warst, bist du immer bei mir
So wie du warst, erzählt die Zeit
So wie du warst, bleibt so viel von dir hier'

(Unheilig - So wie Du warst)

Ja, so kann man unser jetziges Verhältnis sehen. Solang ich lebe, trag ich Dir bei mir.

Gerade muss ich lächeln, denn mir fällt ein, wie Du letztes Jahr noch ein Geldgeschenk für eine Hochzeit gebastelt hast. Bis ins kleinste Detail wurde gebastelt, erneuert. Sogar einen Schaukasten für ein Schiff hast Du gebastelt. „Du bist verrückt.“ hab ich gesagt… „Und? Es soll doch schön sein. Bringt doch nichts, wenn es gewöhnlich ist, dann kannst Du auch einen Umschlag nehmen und Geld rein stecken.“ Recht hast Du, also wurden eifrig Ideen umgesetzt.

Ja, in solchen Momenten bist Du nicht so fern… Ich hab Dich lieb.. hätte ich gesagt… Ick Dir och….hättest Du gesagt…

Bis zum Mond und wieder zurück….Mindestens….

Und die Tage ziehen ins Land.

Tage, Wochen, Monate.

Und es gibt gute Tage. Tage, an denen es mir gut geht und ich, man möge es mir verzeihen, fast gar nicht an Dich denke.

Und dann gibt es diese Tage, die so schwer sind zu ertragen, die sich ziehen wie ein alter Kaugummi und scheinbar nie enden wollen. An denen alles zu viel wird und irgendwie an Dich erinnert. Wo die Gedanken abschweifen. Ein bloßes Lied, welches man gestern noch gut hören konnte, ist heute schwer zu ertragen.

Ein Lied von Peter Maffay fällt mir ein. Er hat es für seine Mutter geschrieben, aber es passt auch auf Dich so gut: „Nah bei mir“….Das bist Du, immer, wenn ich an Dich denke.  

Nah bei mir

So schwer

Traf mich der Moment

Der Dich von mir nahm

Als Stern am Firmament

Kein Licht

Fällt auf die Schatten tief in mir

Ich such Dich überall

Weil ichs noch immer nicht kapier

Ich geh den Weg nochmal zurück

Suche den Augenblick unserer Zeit

Sie ist, was mir von Dir bleibt

Ich vergess Dich nicht

Ich behalte Dich für immer hier, bei mir

Niemals

Gabst Du auf, hast Dich gewehrt

Jeden Tag hast Du gelebt

Als ob´s Dein letzter wär´

Ich fühl

Mich so machtlos in meinem Schmerz

Denn ein Schwert

Zerreißt mein Leben, zerteilt mein Herz

Ich geh den Weg nochmal zurück

Suche den Augenblick unserer Zeit

Sie ist, was mir von Dir bleibt

Ich vergess Dich nicht

Ich behalte Dich für immer hier, bei mir

Ich vergess Dich nicht

Denn ich behalte Dich

Für immer hier – bei mir.

(Peter Maffay – Nah bei mir)

Fast acht Monate bist Du nicht mehr bei uns. Noch nie hab ich solange nichts von Dir gehört, um dann zu begreifen, dass es jetzt immer so sein wird.

 Die Zeit heilt alle Wunden, so sagt ein Sprichwort. FALSCH…. Man lernt, mit dem unbegreiflichen zu leben. Wer behauptet, dass es irgendwann eine Zeit geben wird, wo es einen nicht mehr schmerzt, wenn er an die verstorbene Person denkt, der hat sie nicht geliebt!

Ich würde Dir gerne so viel erzählen. Oder auch mal Deine Meinung zu irgendwelchen Dingen hören. Dir erzählen, wie es mir gerade geht…

Und wieder fällt mir ein Lied ein:

See you again

t's been a long day without you, my friend

And I'll tell you all about it when I see you again

We've come a long way from where we began

Oh I'll tell you all about it when I see you again

When I see you again

(Wiz Khalifa)

(Es war ein langer Tag ohne dich, mein Freund

Und ich werde dir alles darüber erzählen, wenn ich dich wiedersehe

Wir sind einen langen Weg gegangen, von unserem gemeinsamen Start.

Oh ich werde dir alles darüber erzählen, wenn ich dich wiedersehe

Wenn ich dich wiedersehe)

Das Lied wurde zum Tod von Paul Walker in Fast and Furious 7 gebracht und heute erinnert es mich irgendwie immer an Dich.

Irgendwann sehen wir uns wieder und dann streiten wir wahrscheinlich drüber, wer anfangen darf zu erzählen.

Du bleibst für immer in meinem Herzen

Deine Schwester Nicole