Kondolenz
Kondolenz
11.01.2010 um 22:43 Uhr von Ivesa Vogel
Sehr geehrte Frau Vogel.
Ich möchte Ihnen und Ihrer Familie mein wirklich tief empfundenes Beileid und meine Anteilnahme aussprechen.
Sie kennen mich nicht, und deshalb möchte ich Ihnen sagen, wer ich bin. Ich heiße Rüdiger Westerholt, bin mit Walther zur Schule gegangen und habe mit ihm vor 39 1/2 Jahren an der Hindenburgschule Abitur gemacht.
Vor 20 Jahren haben wir uns anläßlich des 20jährigen Abiturjubiläums zuletzt gesehen. Wir haben uns als Schulkameraden immer sehr gut verstanden, gemocht und, da wir beide nicht unbedingt zur Elite der Klasse zählten, uns in prekären Situationen durch Vorsagen, Spickzettelschieben etc. so gut wie möglich gegenseitig zu helfen versucht. Das war vielleicht auch der Grund, daß wir zu Schulzeiten recht gut befreundet waren, jedenfalls habe ich das damals so empfunden. Ich erinnere mich noch sehr gut an zahlreiche Nachmittage und Abende, an denen ich in seiner "sturmfreien Bude" unter dem Dache des Hauses bzw. der Wohnung seiner Eltern unter dem Vorwande des gemeinsamen Lernenwollens zu Gast war. Sein Vater, ein ziemlich gestrenger Herr, glaube ich, hat uns dazu sogar Cola und Salzstangen spendiert. Wir haben natürlich alles andere getan, als zu lernen, sondern palavert und geredet. Es verging jedoch keines dieser Treffen, ohne daß "Waller" - so nannte ich ihn - das Impromptu von Rachmanninoff auf dem Klavier, das in seinem Zimmer stand, mir vorgespielt hätte. Ohne das bin ich nie von dort fortgegangen und ich glaube, daß Waller zwar oft wegen dieses meines Wunsches etwas genervt war, ihn letztlich aber doch gütig und gern erfüllt hat. Vor 20 Jahren haben wir uns das letzte Mal gesehen.
Damals haben wir uns versprochen, uns häufiger zu treffen, haben Adressen und Telefonnummenr ausgetauscht und waren besten Willens, das auch zu tun. Aber wir waren beide wohl zu beschäftigt, er war aus Abu Dabi zurück und dabei, sich in Nordenham eine neue Existenz aufzubauen (sein soziales Engagement, seine Hifsbereitschaft, waren auch in der Schulzeit schon das, was ihn zu einem Turm machte), ich Unfallchirurg an einem der großen Hamburger Krankenhäuser der sog. Maximalversorgung und dadurch nicht in der Lage, ein halbwegs normales Privatleben mit Freundeskontakten etc. zu führen.
Ich bin sicher, wir haben beide geglaubt, wir könnten das alles, was wir uns damals sagen und was wir uns in Zukunft noch geben wollten, in irgendeiner diffusen Form von "Wir sind ja noch nicht von der Welt" noch tun und realisieren.
Wie leichtfertig!
Jetzt ist Waller tot und wir können uns nichts mehr sagen.
Ich kann Ihnen, liebe Frau Vogel, gar nicht sagen, wieviel Trauer und Schmerz in mir sind. Es schnürt mir auch jetzt beim Schreiben dieser Zeilen wieder die Kehle zu. Ich habe vor und während der Weihnachtstage immer wieder an Sie und Ihre Kinder gedacht, wie traurig dieses erste Weihnachtsfest ohne Walther für Sie alle gewesen ist.
Es ist wie eine Ironie, aber ich war wirklich nach langer, langer Abwesenheit zum ersten mal wieder am 12.12. 08 in Oldenburg zu Besuch und habe dort dann in der NWZ die zahlreichen Kondolenzanzeigen von Walther gelesen .
Ich habe dann mit Peter Köchling telefoniert, unserm ehemaligen Klassensprecher, von dem ich wußte, daß er für den Juni 2009 ein Klassentreffen anläßlich unseres 40 jährigen Abiturjubiläums organisieren wollte und ihm gesagt, daß Walther Vogel gestorben sei. Er sagte, daß er es gerade von seinem in Oldenburg lebenden Bruder erfahren habe und daß er vor einigen Wochen mit Walther wegen des Klassentreffens telefoniert habe und daß Walther ihm gesagt habe, daß er zwar krank sei, sich aber auf das Klassentreffen freuen würde.
Wir, d.h. die von unserer Klasse, die es wissen, sind unendlich traurig und zutiefst berührt von Walthers Tod, unseres Mitschülers, den wir geliebt und geachtet haben. Das gilt übrigens auch für unseren langjährigen Lehrer, Herrn Tiemann, mit dem ich in Verbindung stehe und den ich über Walthers Tod informiert habe.
Ich möchte Ihnen nun sagen, daß wir es als eine Ehre empfinden würden, wenn Sie für Walther an unserem Klassentreffen, das am 19. Juni 2009 in Oldenburg stattfinden soll, teilnehmen würden.
Persönlich würde ich mich freuen, wenn Sie mir ein Photo von Walther (oder ein paar mehr, ich kopiere sie auch und sende sie zurück?) zuschicken würden.
Für eine Rückmeldung wäre ich Ihnen dankbar.
Ich verbleibe mit Grüßen voller Trauer und Ehrfurcht
Dr. Rüdiger Westerholt
Ulmenweg 4
31812 Bad Pyrmont